Deutschland, Wandern
Kommentare 12

Der Rothaarsteig – Die ersten beiden Etappen von Brilon nach Winterberg

Yvi am Kornfeld auf dem Rothaarsteig

Insgesamt wollen 154 Kilometer auf dem Rothaarsteig erwandert werden. Wir starten an diesem Wochenende mit den ersten 49 Kilometern von Brilon über Willingen nach Winterberg.

Es ist Samstag,  5.00 Uhr als der Wecker klingelt. Ich muss zugeben, dass es einiges an Überwindung kostet an einem freien Tag so früh aufzustehen. Die Vorfreude steigt dann aber stetig, als wir uns auf dem Weg Richtung Sauerland machen. Eine Anreise am Vorabend wäre sicherlich entspannter gewesen, war für uns aber leider aus zeitlichen Gründen nicht machbar.

Wir stellen unser Auto in Winterberg ab und fahren dann mit dem Schnellbus weiter zum Startpunkt nach Brilon. Die Fahrt dauert ca. 40 Minuten und ist trotz Umsteigen sehr kurzweilig.

1. Etappe: Von Brilon nach Willingen (27 km)

Am Marktplatz der Hansestadt Brilon befindet sich der Startpunkt des Rothaarsteiges. Es geht zunächst durch die Innenstadt und dann in das Naturschutzgebiet Am Drübel. Nach den meist schlecht markierten Wegen in Norwegen bin ich überrascht, wie gut der Rothaarsteig ausgewiesen ist. Hier kann man sich wirklich nicht verlaufen! Überall weisen einem die rot-weißen Schilder mit dem Rothaarsteig-Logo den Weg.

 

Vorbei an der Möhnequelle führt uns der Weg zum Briloner Bürgerwald. Nachdem der Sturm Kyrill im Jahr 2007 viele Waldflächen in der Region zerstört hatte, pflanzten hier Vereine und Privatpersonen in Eigeninitiative 50.000 neue Bäume an.

Ebenfalls am Briloner Bürgerwald befindet sich das Kyrill-Tor, welches an den Sturm und dessen Zerstörungskraft, aber auch an den Wiederaufbau und den Neuanfang erinnert. Das Tor besteht aus 14 Fichtenstämmen, die alle aus dem Bürgerwald stammen.

Das Wetter hält sich und je mehr sich die Sonne zeigt, desto schwüler wird es. Stetiger Begleiter sind nun auch ein paar fiese Bremsen. Daher gerade im Sommer unbedingt an Insektenschutz denken!

Wir erreichen die Hiebammen Hütte  – ein herrlicher Platz für eine kurze Rast. Auch wenn es hier noch so schön ist, vergesst nicht, dass ihr noch einen Großteil der Tagesetappe vor euch habt.

Die Hiebammenhütte – perfekt für eine erste Rast

Eine wirklich konditionelle Herausforderung sind jetzt die drei Kuppen des Ginsterkopfes.  Die Anstiege sind echt nicht ohne – gerade bei der Schwüle! Ich komme zwischenzeitlich mächtig ins Schnaufen und muss ab und an kurz stehen bleiben um Luft zu holen. An seiner höchsten Stelle, auf 661 Meter, werden unsere Anstrengungen dann aber mit einer tollen Aussicht belohnt. Zudem gibt es eine große Bank, die zur Rast und Erholung  einläd.

Die Gesteine des Ginsterkopfes sind übrigens über 390 Millionen Jahre alt. Typisch für das Gestein ist dessen Schieferung, die durch parallel verlaufende Linien erkennbar ist. Diese Gesteinsschichten entstanden durch den sehr hohen Druck auf die Gesteine bei der damaligen Gebirgsbildung.

 

Ein weiterer Wegpunkt auf der heutigen Etappe Richtung Willingen ist die Feuereiche, ein zu einem Kunstwerk gestalteter Baum.  Nachdem wir die Feuereiche hinter uns gelassen haben  sind kurze  Zeit später  die Bruchhauser Steine auf der anderen Seite des Tals zu sehen.

Die historische Bedeutung der Bruchhauser Steine ist bis heute unklar. Man vermutet, dass die vier Felsen Eckbastionen einer großen Wallanlage waren. Die Steine entstanden durch einen gewaltigen Vulkanausbruch vor mehreren Millionen Jahren. Während im Laufe der landschaftlichen Entwicklung das Tonschiefergestein verschwand, blieben die harten Lavafelsen bis heute erhalten.

 

Theoretisch könnten wir jetzt den Rothaarsteig verlassen und auf die Bruchhauser Steine zu wandern. Doch die Aussicht auf ein kaltes Getränk und ein leckeres Stück Kuchen im  Gutscafé Rosenbogen ist zu verlockend, so dass wir lieber nach Bruchhausen hinab gehen. Wir bereuen es nicht, denn der Kuchen ist göttlich! Auch der angrenzende Rosengarten ist wunderschön. Bevor wir wieder aufbrechen schauen wir uns dort noch kurz die Rothaarsteigrose „Weg der Sinne“ an.

Nach der leckeren Stärkung im Gutscafé müssen wir nun wieder auf den Rothaarsteig hinauf. Uns wurde bereits von anderen Wanderern angekündigt, dass es nun bis Willingen nur noch bergauf gehe (aber am Folgetag wäre dann alles ganz entspannt und nicht so anstrengend).

Das letzte Stück an diesem Tag hat es  tatsächlich in sich. Es gilt knappe 290 Höhenmeter zu überwinden. Nach den bereits zurück gelegten 19 km bei dem schwülen Wetter kostet das einiges an Kraft und Durchhaltevermögen.

 

Als wir den Richtplatz erreichen und von dort über den Rothaarsteig Zuweg nach Willingen absteigen, sprechen wir kaum noch und jeder  Schritt dauert eine gefühlte Ewigkeit. Wir wollen nur noch ankommen. Und dann sehen wir das Hotel Waldhaus am See  – unser heutiges Domizil. Geschafft-yeah!

Wir lassen den Abend am Grillbuffet und mit erfrischendem Radler auf der Terrasse des Hotels ausklingen. Die Frage der Hotelangestellten, ob wir an diesem Abend noch im Stadtzentrum von Willingen ausgehen, verneinen wir lachend. Unsere Füße haben für heute Feierabend.

2. Etappe: Von Willingen nach Winterberg  (23 km)

Obwohl wir am Abend gut gegessen haben, verspüre ich am Morgen schon wieder (großen) Hunger. Also auf zum Frühstücksbuffet. Schön ist, dass man uns anbietet, uns für die heutige Wanderung mit Proviant vom Buffet einzudecken. Obwohl das Buffet echt leckere Sachen bietet, halte ich mich etwas zurück, denn vor uns liegt der Aufstieg zurück zum Richtplatz – unserem Startpunkt für die zweite Etappe des Rothaarsteiges.

Als wir aus dem Hotel treten habe ich den Eindruck, dass meine Motivation noch im Bett liegt. Ich habe keine Lust auf den steilen Anstieg. Wir haben sogar überlegt uns per Taxi zum Richtplatz fahren zu lassen, doch bis dorthin gelangt man nur per Pedes.

Alles Jammern nützt also nix – da müssen wir durch. Die schweren Beine und der Muskelkater vom Vortag merke ich nach ein paar Schritten nicht mehr. Wir verkürzen die Strecke über einige Treppen etwas, weniger steil wird es aber dadurch auch nicht. Als wir dann auf den Waldweg einbiegen geht es zwar immer noch bergauf, aber so schlimm wie ich es von gestern Abend in Erinnerung hatte, ist es gar nicht. Mal wieder ein typischer Fall von zu viele Gedanken gemacht. Weil wir gestern einfach nur noch ankommen wollten, hatten wir das letzte Stück vom Richtplatz zum Hotel als viel anstregender und steiler in Erinnerung. Chacka –  gut gelaunt geht es weiter.

Die meiste Zeit treffen wir keine anderen Wanderer auf unserer Etappe

Die meiste Zeit treffen wir keine anderen Wanderer auf unserer Etappe

Die Rothaarsteigmöbel laden dazu ein sich zu erholen und die Aussicht zu genießen

Die Rothaarsteigmöbel laden dazu ein sich zu erholen und die Aussicht zu genießen

Zunächst führt uns der Weg wie am Vortag durch Fichtenwälder  weiter Richtung Langenberg. Vom Richtplatz ist der Aufstieg auf den höchste Berg Nordrhein-Westfalens zum Glück nicht wirklich anstregend. Auf 843 m steht das Gipfelkreuz des Langenbergs. Natürlich tragen wir uns auch in das vorhandene Gipfelbuch ein und machen das obligatorische Gipfelfoto.

Der Gipfel des Langenbergs - der höchste Berg in NRW

Der Gipfel des Langenbergs – der höchste Berg in NRW

 

Das nächste Ziel auf der heutigen Etappe ist der Clemensberg.  Kurz bevor wir diesen erreichen, machen wir allerdings noch eine kurze Rast an der Hochheide Hütte.

Der Clemensberg liegt im Naturschutzgebiet Neuer Hagen. Vom Gipfel hat man eine schöne Aussicht auf die umliegende Heidelandschaft und den nahe liegenden Steinbruch. Die Felsen am Gipfelkreuz stammen übrigens aus diesem Steinbruch. Der Neue Hagen, auch Niedersfelder Hochheide genannt, ist die größte Berghochheide Nordwestdeutschlands. Neben selten werdenden Vogelarten wie Kuckkuck und Wiesenpieper ist die Hochheide für ihre außergewöhnliche Fauna bekannt, die man teilweise nur in arktischen Gefilden findet.

Die Strecke ist bereits jetzt landschaftlich ganz anders als unsere Etappe gestern. Nachdem wir die Hochheide hinter uns gelassen haben, geht es hauptsächlich über Wiesen und Felder mit tollen Aussichten weiter.

 

Über den Hillekopf geht es in das Örtchen Küstelberg hinab, wo wir eine nächste Rast machen, da zumindest ich meine Füße doch schon sehr merke. Solche langen Wanderungen bin ich dann doch einfach nicht gewohnt. Nach einem Brot und ein wenig Schokoladen-Doping wandern wir weiter zu unserem letzten Etappenziel vor Winterberg: Der Ruhrquelle. Bereits während meiner Radtour auf dem Ruhrtalradweg war ich schon einmal dort und war bereits damals erstaunt, dass aus einem kleinen Plätschern solch ein Fluss entsteht.

Der Weg führt bis zur Ruhrquelle fast nur über Wiesen und Felder

Der Weg führt bis zur Ruhrquelle fast nur über Wiesen und Felder

 

Nun heißt es Endspurt – noch ca. 5 km liegen bis Winterberg vor uns. Der Weg ist einfach zu gehen, doch meine Füße schmerzen.  Ich bin froh, als wir in Winterberg ankommen. Ich ziehe meine Wanderschuhe aus und schlüpfe in meine Flip Flops – awwwwww – tut das gut!

Auf der Rückfahrt mischt sich unter meine Erschöpfung auch großer Stolz. Wir sind an diesem Wochenende insgesamt 49 km gewandert. So eine Strecke habe ich noch nie zu Fuß zurück gelegt und es gibt mir ein ganz neues Gefühl für Entfernungen.

Auch wenn ich für dieses Wochenende genug vom Wandern habe, freue ich mich insgeheim schon jetzt auf die nächsten beiden Etappen. Dann geht es von Winterberg  zum Rhein-Weser-Turm. Seid gespannt!

**********

Zu der Wanderung  wurde ich vom Rothaarsteig. e.V.  eingeladen, herzlichen Dank dafür. Die dargestellte Meinung bleibt natürlich meine eigene.

Weitere interessante Beiträge

12 Kommentare

              Schreibe einen Kommentar

              Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert