Kurz vor meiner Reise nach Nepal bekam ich die Info, dass am 08.12.2014 eine Veranstaltung zur Rückkehr von Alexander Gerst stattfinden würde. Anmeldebeginn dafür würde am 08.11.2014 sein. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch in Nepal sein würde, beauftragte ich schnell die liebste Freundin mit der Anmeldung, in der Hoffnung so irgendwie einen Platz zu ergattern. Und tatsächlich schaffte sie es uns beide anzumelden. Es gab nur ein Problem: Man musste einen per Email erhaltenen Link bestätigen. Und in der Anmeldung war natürlich meine Emailadresse angegeben. Ich war aber in Nepal … uhhhaaa … die Lieblingsfreundin nutzte dann sämtlichen Möglichkeiten mir mitzuteilen, dass ich unbedingt diesen Link bestätigen müsse. Die SMS von Ihr erreichte mich als erstes. Voller Panik sprang ich vom Essen auf und fragte die Bedienung ob es hier irgendwo WLan gäbe. Und ich hatte Glück! Sie gab mir das Passwort und ich konnte den Link noch rechtzeitig bestätigen. Puhhh geschafft – wir waren also dabei!
Die Veranstaltung fand im Foyer der Bundeskunsthalle in Bonn statt, wo zur Zeit auch die Ausstellung „Outer Space – Faszination Weltraum“ gezeigt wird.
Einen besseren Ort für dieses Event hätte es nicht geben können. Alles war in ein schönes Blau gefärbt, eine Diskokugel zauberte „Sterne“ an die Decke und zur Einstimmung spielte die Band Kometen mit einer wirklich unglaublich tollen Sängerin.
Pünktlich um 20 Uhr ging es dann los. Zunächst gab es eine kleine Gesprächsrunde mit DLR-Chef Johann-Dietrich Wörner sowie den deutschen Astronauten & Kosmonauten Sigmund Jähn, Ulf Merbold, Ernst Messerschmid, Ulrich Walter, Reinhold Ewald und Gerhard Thiele.
Im Anschluss daran wurde ein Einspieler mit den Höhepunkten der Blue Dot Mission gezeigt und dann endlich kam der Mann, auf den alle gewartet hatten – Alexander Gerst. Das Publikum applaudierte begeistert und auch ich war plötzlich voller Euphorie. Über Monate habe ich die Erlebnisse dieses Menschen verfolgt, bin Nachts aufgestanden um den Livestream zu schauen und dann steht er aufeinmal ein paar Meter entfernt neben mir. Wow, sehr aufregend! 🙂
Er erzählte von den Experimenten, vom Alltag und seinen Empfindungen dort oben auf der ISS. Hier ein paar Infos, die mir besonders im Gedächnis geblieben sind:
Uhrzeit – Vor dem Start galt kasachische Zeit, Baikonur, GMT +6 . Mit dem Start beginnt dann die Zeit der Mission von 0 an zu laufen. Und auf der ISS wiederum gilt dann Londontime, GMT. Dies war für die Zeit der WM u.a. von großem Vorteil. Die Astronauten hatten bei Spielbeginn meist Freizeit und konnten daher fast alle Spiele live verfolgen.
Tagesgeschehen – Für die Familie und Freunde gab es die Möglichkeit ihm Daten und Bilder auf einer Website zur Verfügung zu stellen. So war es auch ihm möglich, mit 1-2 Tagen Verzögerung, das aktuelle Tagesgeschehen auf der Erde zu verfolgen und mit Angehörigen in Kontakt zu bleiben.
Twitter & Co – Das er seine Bilder in den Sozialen Netzwerken veröffentlicht, war nicht wirklich geplant. Das Fotografieren sei einfach sein Hobby auf der ISS gewesen. Er hat die Bilder per Mail an einen Kollegen geschickt, der diese dann gepostet hat. Die Antworten und Reaktionen auf seine Bilder wurden ihm dann ebenfalls übermittelt. Erst da bemerkte er, welche Begeisterung diese bei den Menschen hier unten auslösten.
Emotionen im All – Das Gefühl im Weltraum zu sein sei toll! Die Erde als Ganzes zu sehen sei sehr beeindruckend und habe seine Sichtweise enorm verändet. Dort oben merke man erst, wie klein unsere Erde im Gegensatz zum Universum ist. Er betonte, dass wir nur diese eine Welt hätten und daher alle ganz besonders darauf acht geben müssten.
Auch Entfernungen gäbe es dort oben eigentlich gar nicht, da alles so wahnsinnig klein erscheint. Besonders fasziniert hat ihn , dass man bei Nacht den Kölner Dom mit bloßem Auge erkennen kann.
Heimweh nach Hause hat er auf der ISS nie empfunden. Schließlich hätte er die Erde immer sehen können und hatte so das Gefühl nicht wirklich weit weg zu sein. Natürlich hat er sich vor der Mission Gedanken gemacht, was sein würde, wenn er nach kurzer Zeit wieder nach Hause wolle … aber einmal dort oben wäre das keine Option mehr gewesen 🙂 Diese zweifelhaften Gedanken kenne er bereits von seinen Expeditionen in der Arktis. Er ist aber der Meinung, dass der Mensch viel mehr könne, als er sich selber zutraue. Man müsse dazu einfach ab und an seine eigenen Grenzen überschreiten und herausfordern.
Auch richtige Angst habe er nie gehabt. An eine kritische Situation erinnert er sich jedoch, wo ihm dann doch etwas mulmig wurde: Kurz nach dem Start sei der Kabinendruck sehr schnell abgefallen und es sah so aus, als wenn es irgendwo ein Leck geben würde. Er hatte schon den Notfallplan in der Hand, als sich zum Glück herrausstellte, dass es lediglich ein defekter Fühler war, der sich auf einen anderen Wertebereich umgestellt hatte.
Im Training übe man solche Szenerien sehr oft, wisse aber auch immer, dass die Trainer diese Situation nur simulieren. In der Realität wird es plötzlich schwerer zu atmen und dann würde es einem schon anders.
Zurück auf der Erde – Wer den Livestream verfolgt hat, wird gesehen haben, dass Alexander Gerst nach der Landung sehr fit aussah. Dies bestätigt er dann auch im Gespräch. Sein tägliches, mehrstündiges Training auf der ISS habe sich ausgezahlt und er habe sich besser als erwartet gefühlt. Er sei lediglich etwas wacklig auf den Beinen gewesen. Dadurch dass die Blutgefäße es nicht mehr gewohnt seien, dass Blut hoch zum Herzen zu pumpen, wäre es wahnsinnig anstrengend gewesen kurz nach der Landung einfach nur da zu stehen.
Er verglich die Landung mit der Geburt eines Rehkitz. Das plumpst bei der Geburt auch auf den Boden und müsse direkt aufstehen , obwohl es noch wacklig auf den Beinen sei.
Für ihn war der Aufenthalt im All jedenfalls viel einfacher, als er es sich vorgestellt hat. Daher würde er auch jederzeit wieder ins All starten.
Mit dieser Begeisterung, mit der Alexander Gerst erzählte, hätte ich noch ewig zu hören können, aber leider war die Gesprächsrunde wieder viel zu schnell vorbei. Es macht einfach großen Spaß einem Menschen, der mit so viel Begeisterung und Herzblut von seiner Forschung erzählt, dabei aber auch noch bescheiden und bodenständig wirkt, zu zu hören.
Da es leider keine Möglichkeit für ein Foto mit Alexander Gerst an diesem Abend geben würde, machte er einfach eines mit uns; in Form eines Selfies. Sehr coole Aktion und ein sehr cooles Foto !
Nach dem Bühnenprogramm besichtigten wir noch die Ausstellung „Outer Space“, die ich nur weiterempfehlen kann. Es gibt dort einige wirklich tolle Exponate und sehr viele Infos Rund um die Raumfahrt. Sogar Sience Fiction Fans kommen dort auf voll auf ihre Kosten.
Für mich war das „Welcome Home“ Event ein perfekter Abschluss der Blue Dot Mission. Es war definitiv ein Highlight nochmal live von den Erlebnissen und Erfahrungen Gersts zu hören.
Ich hoffe, er bewahrt sich diese Leidenschaft und Authentizität mit der er von seiner Forschung berichtet, denn gerade diese Art macht auch uns Nicht-Wissenschaftler darauf aufmerksam, wie wichtig die Forschung im All für unser Leben hier auf der Erde ist.
Vielen Dank an Holger für die Aufzeichnung der Veranstaltung!