Gedanken
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Vom stark sein, alleine reisen und glücklich sein

Fernwehyvi auf Petronas Tower

Die bevorstehende Reise wühlte erneut einiges an Gedanken und Emotionen in mir auf. Wenn ich erzählte, dass ich allein mit dem Rucksack durch Indonesien reise gab es viele Reaktionen und Fragen. Viele bezeichneten mich als mutig und stark. Manche fragten, ob es nicht zu langweilig und einsam sei. Andere wiederum schauten beim Thema Alleinreisen skeptisch, als sei dies etwas völlig absurdes und ich völlig verrückt.

Ich habe schon immer Dinge gerne selbst in die Hand genommen. Sei es Möbel zusammenbauen, renovieren oder Autobirnen tauschen. Oft war einfach niemand unmittelbar verfügbar, der mir helfen konnte oder ich zu ungeduldig ein paar Tage zu warten. Manchmal fiel es mir aber auch einfach schwer um Hilfe zu bitten.

Viele Dinge habe ich dann einfach ausprobiert und in die Tat umgesetzt. Bis auf zwei falsch gebohrte Löcher in der Wand, ist das auch bisher immer gut gegangen. Mit etwas Füllmaterial und Farbe waren auch die zwei Löcher schnell wieder ausgebessert. Dieses Bespiel lässt sich hervorragend auf meinen Alltag übertragen – wie sagt der Kölner so schön: „Et hät noch immer jot jejange!“ Ja, das hat es und darüber bin ich auch sehr froh!

Das ich die Dinge gerne anpacke heißt aber nicht, dass ich auf Hilfe verzichten mag oder eine Einsiedlerin bin. Ich liebe es zum Beispiel gemeinsam zu renovieren, sich dreckig machen, Musik zum Mitsingen und danach ko auf dem Boden sitzend Pizza und ein leckeres Kölsch genießen. Auch  helfe ich anderen gerne, mag es für sie da zu sein und stecke dafür selbst oft zurück. Auch wenn es mir manchmal nicht gedankt wird, ist es für mich einfach selbstverständlich für meine Mitmenschen da zu sein. Besonders für die, die mir am Herzen liegen.

Viel erleben und unterwegs sein ist genau meins – auch wenn es alleine ist.  Nur weil vielleicht gerade keine Freundin oder der Freund Zeit oder Lust hat, soll ich das Leben verpassen?  Nein! Ich habe nur dieses eine Leben und das möchte gelebt werden. Das klingt egoistisch? Ja, aber für die richtigen Menschen bin ich auch gern zu Kompromissen bereit 🙂

Wird es mal zu viel, merke ich das sehr schnell und dann nehme ich mir auch (m)eine Auszeit. Nur für mich, denn auch ein Couchabend so ganz allein kann etwas wunderbares sein.

Alleine Reisen wollte ich noch nicht immer. Nein, das konnte ich mir nie vorstellen! Das entstand eher aus der Not heraus, da sich keine passende Reisebegleitung fand. Ja und was soll ich sagen, es macht Spaß allein zu reisen. Ich nehme alles viel intensiver wahr, komme schneller mit meinen Mitmenschen ins Gespräch und muss mich mit niemandem abstimmen. Wirklich einsam war ich auf meinem Reisen bisher nie. Klar möchte auch ich meine Erlebnisse am Abend gerne teilen und findet sich tatsächlich mal kein Gesprächspartner, teile ich meine Erlebnisse mit Freuden über WhatsApp oder in den Sozialen Medien. Das ist zumindest dann ein kleiner Ersatz 🙂

Was mich einfach stört ist, dass selbständige Frauen, bzw. ich,  oft falsch eingeschätzt werden. Wie oft höre ich: „Och, das schaffst Du schon.“ „Ach komm, Du bist stark.“ „Da musst du jetzt durch, reiß dich zusammen.“ Mit solchen Aussagen ist das Thema dann oft vom Tisch. Keine weiteren Fragen. Das ist schade!

Ich habe vor einigen Tagen im Supermarkt eine entfernte Bekannte getroffen. Meine letzte Begegnung mit ihr war auf einer großen Feier. Ich wußte, dass sie krank ist und dort eine Perücke trug.  Jetzt im Supermarkt trug sie „nur“ eine Mütze, so dass ich sie nicht direkt erkannte. Ich musste ehrlich gesagt zweimal hinschauen, aber ich freute mich sie zu sehen. Sie fragte mich, wie meine Reise nach Indonesien gewesen sei. Sie fände es so unheimlich mutig und bewundernswert, dass ich alleine reise.

Ich musste tatsächlich schlucken. Ja, es ist mutig, dass ich alleine verreise, aber im Gegensatz dazu was diese Frau erlebt, wieviel Kraft sie aufbringt und noch so viel mehr leistet, was ich nur erahnen kann….DAS ist für mich absolut bewundernswert. Sie sagte mir, mein Blog sei ein Ansporn für sie, die Orte noch zu bereisen, die sie schon immer sehen wollte. Das hat mich ehrlich so tief bewegt. Uff..

Es hat mich aber auch daran erinnert, dass es richtig ist was ich tue. Ich reise, weil es mich glücklich macht. Solange mich niemand begleitet eben auch alleine. Es macht Spaß und ist eine echte Bereicherung. Nach der zweiten Reise alleine kann ich das mit voller Überzeugung sagen 🙂

Selbständige, starke Frauen wissen, dass sie die Herausforderungen des Lebens meistern. Aber freuen sich nicht auch diese Frauen vielleicht mal über eine Schulter zum anlehnen, jemanden, der ihnen sagt, ja, es ist alles Scheiße, aber zusammen schaffen wir das? Und damit meine ich nicht zwingend den Partner. In meinem Leben gibt es diese Menschen. Es sind wenige, aber ich bin sehr, sehr glücklich, dass sie da sind. Ich will damit sagen: Schaut doch öfters mal nach links oder rechts wie es dem Menschen neben Euch geht. Es sind oft Kleinigkeiten, aber die sind so wichtig!

Selbständig und autark heißt nicht unbedingt immer, dass man alles mit sich alleine aus macht und keinen Wert auf die Gesellschaft anderer Menschen legt. Manchmal ist es genau das kleine Zeichen, auf das der Andere wartet.

 

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