Der Ghandruk Trek, meine ganz persönliche Herausforderung während der Nepalreise.
Bereits vor der Reise machte ich mir die meisten Gedanken um die viertägige Trekkingtour. Bin ich fit genug und wie wird mein Körper auf diese doch ungewohnte Belastung reagieren? Ich beruhigte mich jedoch immer damit, dass es irgendwie schon machbar sei. Und wenn nicht, vertraute ich auf irgendeinen Notfallplan des Veranstalters für solche Fälle 🙂
Pünktlich zwei Tage bevor es losging bekam ich eine dicke Erkältung mit so richtig fiesem Schnupfen, der es mir kaum möglich machte durch die Nase zu atmen. Zwei Abende früh ins Bett, Nasenspray und die super Tabletten einer Reisekollegin machten mich halbwegs fit. Denn so einfach vor dem Trekking aufgeben kam so gar nicht in Frage für mich!
Unser Gepäck würde während der Tour von Sherpas getragen werden. Daher sollten wir so wenig wie möglich an Gepäck mitnehmen. Ich beschränkte mich also wirklich nur auf das nötigste: Zahnbürste, Zahnpasta, Bürste, Hautcreme, Wechselkleidung, Handtuch und Hüttenschlafsack. Gut, und 200 ml Wodka waren auch noch drin…Desinfektion ist ja schließlich auch sehr wichtig 🙂 Zusätzlich kam noch mein Tagesrucksack mit Regenjacke, Wasser und Kamera mit.
Bevor es losging bekamen wir noch ein paar Hinweise zu der Tour. Es sollte von Nayapul über Ghandruk, Landruk bis Phedi gehen, wo uns der Bus dann wieder einsammeln würde. Die Route wäre einfach und das wichtigste sei eigentlich, dass jeder sein eigenes Tempo laufe, so würden auch alle ankommen.
Insgesamt begleiteten und vier Guides. Einer war stets vorne dabei, einer bildete das Schlusslicht und zwei liefen im Mittleren Teil der Gruppe mit. Ganz wichtig: Unsere leeren Wasserflaschen sollten wir aufbewahren, da man Wasser in den Herbergen nur auffüllen, aber nicht abgefüllt in Flaschen kaufen könne.
Und dann startete das Abenteuer Trekking: Bis zum Mittagessen schien alles noch ganz easy. Aber dann kamen die Stufen … steil … hoch … uneben … nicht enden wollen … und dazu sengende Hitze. Den Gedanken an meinen rasenden Puls verdrängte ich ganz schnell wieder, wenn es nicht mehr ging, würde mein Körper mir das schon sagen. Zwischendurch verfluchte ich mich selbst immer wieder, wie ich nur auf die Idee kommen konnte, so einen Urlaub zu buchen. Ich glaube es fielen auch ein paar Schimpfwörter 🙂 Aber es gab kein zurück mehr … jedes flache Stück gab wieder ein wenig Hoffnung, dass wir bald unser Ziel erreicht haben würden. Aber das Grinsen unsere Guides ließ anderes vermuten. Kaum mal kurz verschnauft, kamen auch schon die nächsten Stufen. Irgendwann lief ich einfach nur wie in Trance. Ein Schritt nach dem anderen, konzentriert darauf ruhig zu atmen, 1 .. 2, 1 .. 2 …
Und dann sahen wir unsere erste Herberge. Die erste Etappe war geschafft! Nach 5 Stunden Laufen, setzte ich mich zufrieden auf die Dachterasse und gönnte ich mir ersteinmal ein leckeres Bier. Dann schaute ich nach links … „Krass, da sind die Berge! Wow! Das ist ja der Hammer!“ völlige Euphorie meinerseits. Ein wirklich unbeschreibliches Gefühl, das sämtliche vorangegangenen Strapazen vergessen ließ.
Die Unterkunft war überraschend „gut“. Ich hatte wirklich mit schlimmeren gerechnet. Zwei selbstgezimmerte Holzpritschen mit Nachtisch und ein Gemeinschaftsklo mit Dusche auf jeder Etage. Und welch ein Luxus: warmes Wasser! Das Essen, welches unsere Sherpas zauberten, war vorzüglich. Ich konnte nicht glauben, was man für einen Hunger nach so einem Tag hat. Ich sag nur „Fressmaschine“ 🙂 Der Körper holt sich definitiv das, was er braucht.
Tagsüber ist es in den Bergen noch schön warm, aber sobald die Sonne weg ist kühlt es sehr schnell ab.
Trotz warmer Dusche kam ich am ersten Abend nicht wirklich zur Ruhe und auch die feuchte Kälte trug dazu bei, dass ich wenn überhaupt nur 3 Stunden geschlafen habe. Es fiel mir daher auch nicht sonderlich schwer, pünktlich zum Sonnenaufgang, dick eingemummelt, auf der Dachterasse zu stehen. Die klare Sicht auf Anapurna-Süd und den Fishtail war überwältigend. Auf den Bildern sieht man mir die Müdigkeit zwar noch sehr an, aber hey, Zähneputzen vor einer solchen Kulisse macht man auch nicht alle Tage 🙂
Der zweite Tag startete sehr relaxed, mit vielen geraden Passagen , einigen Stufen bergab und wahnsinns Aussichten auf das Anapurna-Massiv.
Unsere Herberge an diesem Tag lag auf der anderen Seite des Tals und ich ahnte es bereits, alle Stufen mussten wir natürlich auch wieder hinauf – selbstverständlich in der prallen Sonne, sonst wäre es ja auch langweilig 🙂
Mittlerweile motivierte ich mich durch mein Gefluche sehr gut selbst und irgendwann stellte sich sogar dieser Flow ein, den ich sonst nur vom Joggen kenne. Nicht an die Stufen denken, sondern einfach laufen… so war auch das zweite Mal ankommen einfach toll!
Den übrigen Nachmittag verbachte ich auf der Terrasse des Guesthouses, genoss einfach nur die Sonne, die Ruhe und den Ausblick und hörte dabei Musik. Entspannung und Erholung pur mitten im Nirgendwo! Herrlich!
Der dritte Tag sollte sehr anstrengend werden, da wir 9 Stunden unterwegs sein würden. Dafür gäbe es aber kaum Stufen. Yeah! Das war doch mal eine super Motivation! 🙂
Und tatsächlich ging es zunächst die Treppen vom Vortag wieder hinunter. Danach führte uns der Weg erst durch das Tal am Fluss entlang, bevor wir dann das letzte Mal einige Stufen nach Landruck aufstiegen. Im Anschluss daran ging es zwar auch noch bergauf, aber ohne Stufen. Ich persönlich empfand das als wesentlich angenehmer und weniger anstrengend, denn so konnte man sich auch mal mit den anderen unterhalten. Die Etappe war definitiv lang, aber nicht so anstrengend wie das Stufensteigen die Tage zuvor. Als Bonbon sozusagen gab es an diesem Tag noch die Info von unserem Guide, dass es am letzten Tag nur noch bergab gehen würde. Die größte Anstrengung war also vorbei – juhuuu!
Nach diesem langen Tag gab es sogar eine warme Dusche im eigenen Bad mit WC und Spiegel. Erst da fiel mir übrigens auf, dass ich mich die letzten Tage nicht wirklich im Spiegel gesehen hatte. Vermisst habe ich es allerdings auch nicht. Generell war Aussehen auf der Trekkingtour totale Nebensache. Hauptsache, funktionell, warm und gemütlich.
Frisch und warm geduscht stapfte ich an diesem Abend glücklich mit meinem Wodka unterm Arm zum Aufenthaltsraum. Heute musste er dran glauben 🙂 Schon nach dem ersten Glas merkte ich, wie meine Muskeln schwer wurden und sich ein Gefühl der absoluten Zufriedenheit einstellte. Ich hatte es geschafft und darauf war ich mega stolz! Das musste gefeiert werden! Man ahnt es: Der Abend wurde lang und einmalig! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen 😉
Am nächsten Morgen ging es dann, nach nur drei Stunden Schlaf, die restlichen Stufen ins Tal herab. Es war geschafft…
I survived Trekking !
Und was bleibt nach dieser Tour?
Es ist gar nicht so schwer mit sehr wenig auszukommen und auf sämtlichen alltäglichen Luxus zu verzichten. Dort im Nirgendwo ist schon warmes Wasser oder eine eigene, richtige Toilette das reinste Paradies. Natürlich bin ich dankbar dafür, dass ich nicht Tag täglich unter solchen Bedingungen leben muss, aber es hat mich wieder daran erinnert, wie gut es mir geht und in welchen Luxus und Überfluss wir leben.
Erstaunt hat mich auch, was der eigene Körper leisten kann. Die Tour erforderte zwar jetzt keine Hochleistungen, aber es war doch eine Herausforderung für mich. Mein Körper wurde bisher noch nie vier Tage hintereinander so gefordert. Trotz Erkältung, Muskelkater und kleinen Wehwehchen schaffte er es aber mich jeden Tag ans Ziel zu bringen. Ein sehr gutes Gefühl!
Auch Äußerlichkeiten wurden in den Bergen unwichtig. Die Kleidung war zweckmäßig, Schminke und Rasierzeug einfach nicht vorhanden. Stattdessen hat man sich mit dem Menschen gegenüber auseinandergesetzt und unterhalten. Spannende Erfahrung und viel zu selten in der heutigen Zeit!
Zusammengefasst würde ich sagen, die Zeit in den Bergen hat mich wieder geerdet. Nichts ist selbstverständlich und das sollten wir uns alle ab und an mal wieder bewusst machen!
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