Die ersten 90 km des Rothaarsteiges haben wir bereits im Sommer und im Herbst erlebt. Nun ist es an der Zeit endlich auf unsere zwei Winteretappen zu starten.
Als wir am Samstag vom Rhein-Weser-Turm zur 5. Etappe des Rothaarsteiges starten, ist alles wie von Puderzucker bestäubt. Über Nacht ist es kräftig abgekühlt und es hat noch einmal geschneit. So schön!
5. Etappe: Rhein-Weser-Turm – Schwarzbachtal – Dreiherrenstein – Ginsburg – Ginsberger Heide
Der Weg führt zunächst entlang der Schwarzbach, hinab ins gleichnamige Naturschutzgebiet Schwarzbachtal. Im Tal angekommen, führt eine kleine Holzbrücke über den Bach. Es ist schön hier und im Sommer kann man hier bestimmt wunderbar seine Füße kühlen. Uns ist das heute zu kalt, so abgehärtet sind wir dann doch nicht. Wir werfen lieber einen Blick in das Buch auf der Brücke und finden ein paar interessante Infos zum Leben im und am Bachlauf.
Der Rothaarsteig führt nun bergauf. Zunächst am Waldrand entlang und dann durch dichte Fichtenwälder. Wir hören den Wind durch die Wipfel pfeifen, das Holz knacken und ab und an ein paar Vögel zwitschern. Ich genieße die Ruhe und die fast schon mystische Atmosphäre hier im Wald. Überall sind noch die Auswirkungen des Sturmtiefs Friedericke sichtbar und es wird mehr als deutlich, wie viel Kraft so ein Sturm hat. Das bewegt mich doch sehr. Im Bergischen, zumindest dort wo ich wohne, sind wir da doch eher glimpflich davon gekommen.
Eine erste Pause machen wir in der Schutzhütte am Dreiherrnstein. Auf 673 m verläuft hier heute die Grenze zwischen den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein. Früher trafen dort die Landesgrenzen von Nassau, Westfalen und Kurköln zusammen. Die alte Territorialgrenze trennt noch heute den niederdeutsch-westfälischen Sprachraum vom mitteldeutsch-fränkischen. Quasi beginnen die Menschen ab hier das „r“ sehr deutlich zu rollen. Dem Freund gefällt´s bestimmt 🙂
Der Wind wird stärker und wir merken, dass uns bereits nach kurzer Rast kühl wird. Also brechen wir schnell wieder auf und beschließen unser Wandertempo zu erhöhen. Da der Rothaarsteig im weiteren Verlauf ohne nennenswerte Steigung verläuft, klappt das auch sehr gut und wir erreichen nach 14,5 km, viel früher als gedacht, unsere Unterkunft das Hotel Ginsberger Heide.
Wir freuen uns darüber, dass unser Zimmer gut geheizt ist und wir die Wandersachen gegen gemütliche Kleidung tauschen können. Das Zimmer ist modern eingerichtet und auch das Bad gefällt mir gut. Es ist zwar klein, aber es gibt sogar ein in die Wand eingebautes Radio und genügend Ablagefläche. Vom Balkon haben wir einen schönen Blick über die Ginsberger Heide.
Das Essen im Hotelrestaurant ist lecker und das obligatorische Radler schmeckt auch nach einer Winterwanderung so richtig gut! Am Nachmittag nimmt der Wind zu und Frau Leyener , die Inhaberin des Hotels, berichtet uns, dass die Straße aktuell wegen umgestürzter Bäume gesperrt ist. Auch in der Nacht ist der Wind nicht zu überhören und die Wetter App meldet Orkanböen bis zu 75 km/h. Ob wir morgen überhaupt weiter wandern können?
Wir beschließen, uns am kommenden Tag nochmals schlau zu machen und dann kurzfristig zu entscheiden, ob wir weiter wandern. Sicherheit geht schließlich vor!
6. Etappe: Ginsburg – Giller – Lützel – Ederquelle – Benfe – Großenbach – Siegquelle – Lahnhof / Lahnquelle
Nachdem der Wind am Morgen nachgelassen hat, entscheiden wir uns los zu gehen.
Auf der 6. Etappe führt uns der Rothaarsteig in das Quellgebiet dreier großer Flüsse: Eder, Sieg und Lahn.
Zunächst passieren wir aber nach nur wenigen Metern die Ginsburg. Heute Aussichtsturm und beliebtes Ausflugsziel, damals während des Freiheitskampfes Sammelpunkt für die Truppen von Wilhelm von Oranien.
Bereits ein kurzes Waldstück sowie einen kurzen, knackigen Anstieg später erreichen wir den Gillerturm. Ein 18 m hoher, stählerner und denkmalgeschützter Aussichtsturm auf dem gleichnamigen Berg Giller. Ich finde Aussichtstürme generell toll, also besteigen wir über die Wendeltreppe den Turm. Je höher wir kommen, desto windiger und kälter wird es. Brrr…. ist das kalt! Der Aufstieg lohnt sich: Von oben haben wir einen klasse Blick auf die Ginsburg, die Breitbachtalsperre und das Wittgensteiner Land.
Der Rothaarsteig verläuft auf diesem Stück fast parallel zur historischen Eisenstraße. Vor über 2.000 Jahren wurde die Trasse bereits genutzt um Eisenwaren in die damaligen Handelsmetropolen zu transportieren.
Wir lassen den Bahnhof Lützel hinter uns und kämpfen mit eisigem Gegenwind. So macht das gerade keinen Spaß – menno! Der Körper ist zwar warm, aber mein Gesicht brennt durch den fiesen, eisigen Wind. Ich ziehe die Kapuze tiefer ins Gesicht und freue mich, als sich die Wegrichtung ändert und wir wieder etwas windgeschützter wandern. Der Weg führt durch ein Tal und wir folgen der Eder durch das Naturschutzgebiet Eicherwald. Ganz idyllisch und naturbelassen schlängelt sich das Flüsschen durch die Landschaft, so dass wir immer von einem beruhigenden Plätschern auf unserem Weg begleitet werden. Unser nächstes Ziel ist die Ederquelle, die wir über ein Hochmoor erreichen.
Kurz vor Benfe verlassen wir das Hochmoor und genießen einen schönen Ausblick auf die umliegende Landschaft.
Über die Kohlestraße führt der Rothaarsteig in den Ort hinab. Nach Überquerung der Dorfstraße führt die Strecke kurzzeitig wieder in den Wald hinein. Danach geht es über Felder, mit schönem Blick auf die umliegende Landschaft, bergab Richtung Siegquelle. Kurz bevor wir die Quelle erreichen, geht es nochmals bergauf. Wir sind ja schließlich auf dem Rothaarsteig 🙂
Das Siegerland ist der südliche Teil des Sauerlandes. Allerdings solltet ihr das nie laut sagen, da die Einheimischen strikt zwischen Siegerland und Sauerland unterscheiden. Das Verhältnis ist hier so wie zwischen Köln und Düsseldorf . Natürlich ist diese Aussage mit einem Augenzwinkern zu verstehen.
Der Fluss Sieg bildet übrigens die Grenze zwischen dem Bergischen Land im Norden und dem Westerwald im Süden.
Von der Siegquelle sind es nochmal gute 4 km bis zum Lahnhof und der dortigen Lahnquelle.
Das Örtchen Lahnhof besteht eigentlich nur aus zwei Gasthöfen und einem größeren Wanderparkplatz. Die Lahn entspringt zwischen den beiden Gasthäusern und wird in einem Quellteich gesammelt, damit sie überhaupt sichtbar wird.
Auf den letzten Metern schlägt uns nochmal eisiger Wind entgegen, so dass wir froh sind, uns ins geschützte Auto setzen zu können. Tschakka – 19 km haben wir heute geschafft und ich muss sagen, dass es gerade auf den letzten Kilometern einiges an Durchhaltevermögen und Motivation gekostet hat.
Bei Kathrin von Fräulein Draussen habe ich übrigens ein paar gute Tipps zum Winterwandern gefunden. Schaut doch mal rein.
Bei der wohligen Wärme der Sitzheizung und dem typisch „glühendem“ Gesicht nach einer Winterwanderung, lasse ich die letzten zwei Tage noch einmal Revue passieren. Auf diesen beiden Etappen hat die Landschaft sich merklich verändert. Sind wir auf der 5. Etappe hauptsächlich noch durch Waldgebiet gewandert, öffnete sich die Landschaft auf der 6. Etappe immer mehr. Die Wege führten zunehmend am Waldrand entlang und über weite Wiesenfelder.
Ich bin froh, dass wir uns heute morgen dazu entschlossen haben aufzubrechen. Denn besonders die 6. Etappe war abwechslungsreich und landschaftlich sehr schön.
Hast Du auch Lust auf diese Etappen des Rothaarsteiges zu wandern? Die 5. Etappe von der Ginsberger Heide zum Lahnhof und die 6. Etappe von der Ginsberger Heide nach Lahnhof findest Du bei Komoot.
*******
Zu der Wanderung wurde ich vom Rothaarsteig. e.V. eingeladen, herzlichen Dank dafür. Die dargestellte Meinung bleibt natürlich meine eigene.