Das Grenzgebirge um Neualbenreuth im Oberpfälzer Wald bietet Wandergenuss für Jedermann. Auf 200 Kilometern lassen die Qualitätswanderwege Nurtschweg und Goldsteig, der Gipfel des Tillenbergs (Dylen) sowie andere schöne Rundwanderwege jedes Wanderherz höher schlagen.
Schon die Anfahrt lässt auf ein ruhiges Wochenende in idyllischer Natur schließen. Mein Navi verliert nämlich unterwegs immer mal wieder die Verbindung und auch das Handynetz wird deutlich schwächer.
Bad Neualbenreuth im Oberpfälzer Wald
Die kleine Gemeinde gehört mit ihren 1.100 Einwohnern zum Landkreis Tirschenreuth und liegt unmittelbar an der tschechischen Grenze. Der nahgelegene Tillenberg (Dylen) ist die zweithöchste Erhebung des Oberpfälzer Waldes. Sein Gipfel liegt bereits auf der tschechischen Seite. Die deutsch-tschechische Grenze verläuft nur etwa hundert Meter unterhalb des Gipfels.
Über Jahrzehnte war die Region von der politischen Situation des „Eisernen Vorhangs“ geprägt. So kommt es, dass der Egerer Stadtwald eine geschichtliche Besonderheit mit sich bringt. Der 630 Hektar große Wald liegt auf dem Gebiet der Gemeine Bad Neualbenreuth, ist heute aber in Besitz der tschechischen Stadt Cheb (damals noch Eder).
Nach dem zweiten Weltkrieg machten ehemalige Einwohner der Stadt Eder Besitzansprüche auf das Waldgebiet geltend. Da sich zunächst keine Einigung fand, wurde der Egerer Stadtwald von 1965 bis 2012 treuhändisch von der Bundesvermögensverwaltung verwaltet. 2012 einigten sich alle Beteiligten auf die Gründung einer deutsch-tschechischen Stiftung. Ziel ist es, mit den Erträgen der Stiftung die Kultur und Geschichte des historischen Egerlandes – grenzüberschreitend – zu bewahren. Die Stadt Cheb erhielt den Egerer Stadtwald mit vollen Eigentumsrechten zurück und bewirtschaftet die Waldflächen nun mit eigenem Forstpersonal.
Der Tillenberg (Dylen)
Mit seinen 939 Metern ist der Tillenberg der zweithöchste Berg des Oberpfälzer Waldes. Aufgrund seiner Lage im Grenzgebiet, galt er lange als ein Zeichen der Trennung.
Über den Tillenberg selbst gibt es eine Vielzahl an Sagen. Man erzählt von der Frau ohne Kopf, dem Berggeist, der im Inneren des Berges wohnt oder auch von Zwergen. Des Öfteren wird auch die Wahrsagerin Sibylle Weis in den Tillenbergsagen erwähnt. Ihr Vorname war übrigens Namensgeber für das heutige Sibyllenbad in Bad Neualbenreuth. Das erste und bisher einzige Kur- und Heilbad in der Oberpfalz.
Am Sagenbrunnen auf dem Marktplatz von Neualbenreuth sind viele Figuren der Sagen dargestellt. Auch die geheimisvolle Tillenstadt, der ebenfalls eine Sage gewidmet wurde.
In den 60er Jahren wurde auf dem Gipfel des Tillenbergs von der Tschecheslowakei eine militärische Aufklärungsstation errichtet. Mit dem Ende des Kalten Krieges verschwand die Aufklärungsstation. Heute wird das Gipfelareal als Sender für Radio- und Fernsehprogramme gegenutzt.
Wandern Rund um Neualbenreuth
Mit über 200 km markierten Wanderwegen findet wirklich jeder in der Region Bad Neualbenreuth die perfekte Wandertour für sich. Die Vielzahl an Themen- und Rundwegen verspricht für jeden Geschmack ein beeindruckendes Naturerlebnis.
Wanderung auf den Tillenberg
Treffpunkt mit unserem Wanderführer, Michael Rückl, ist der Grenzlandturm oberhalb von Neualbenreth. Für mich ist es seit Langem mal wieder eine geführte Wanderung und ich bin auch ehrlich gesagt ganz froh darüber.
Michael erzählt uns viel Interessantes über die Region, die Natur und den geschichtlichen Hintergrund des Tillenberges. Nachdem wir ganz unspektakulär die Grenze nach Tschechien übertreten haben, sind auf dem weiteren Weg nun auch die Wegweiser in tschechischer Sprache. Huch, da habe ich gar nicht dran gedacht. Aber zum Glück haben wir ja Miachel dabei!
Wir wandern auf kleinen Wiesenpfaden, über alte Armeestraßen und logischerweise geht es bergauf, wir wollen ja zum Gipfel 🙂 Erst sanft, dann immer steiler ansteigend. Ich komme ganz schön ins Schnaufen. Kurz vor dem Gipfel machen wir einen Zwischenstop an der alten Kaserne, die dort oben vor sich hin verfällt. Ein typischer Lost Place. Auch wenn ich neugierig bin, betrete ich das alte Gebäude jodoch nicht. Im Obergeschoss sind bereits die Decken eingestürzt, da gehe ich lieber auf Nummer sicher. Safety first und so!
Nach einer weiteren steilen, kurzen Steigung sehen wir schon die alte Radarstation. Wir haben die einmalige Gelegenheit den Turm zu besteigen und die Aussicht von oben zu genießen. Leider ist dies nicht regelmäßig für alle Besucher möglich. Da es für mich allerdings ein sehr schönes Erlebnis war, möchte ich es nicht unerwähnt lassen.
Ich bin die Erste draußen auf dem Balkon, welcher eher ein Wartungsgitter mit Brüstung ist. Der freundliche Herr an der Tür nach draußen erklärt mir, was ich hier alles sehen kann: Das Fichtelgebirge, den Kaiserwald und das Egerland seien zu sehen. Und Neualbenreuth erkenne ich sogar selbst.
Auf dem Gipfelareal, im Keller eines Nebengebäudes, befindet sich sogar ein kleines Museum. Es zeigt u.a. Bilder der Kaserne, die wir zuvor von außen besichtigt hatten, Bilder der alten Radarstation sowie viele Kommunikationsgeräte und Ausrüstungsgegenstände aus der damaligen Zeit. Leider ist auch das Museum nicht generell der Öffentlichkeit zugänglich. Nur bei den sehr raren Sonderveranstaltungen haben Besucher Zugang.
Bevor wir den Rückweg antreten stärken wir uns mit einer leckeren Brotzeit. Tipp: Unbedingt Proviant einpacken, da es keine Einkehrmöglichkeit auf dem gesamten Tour gibt.
Jetzt geht es bergab! Yipiehh! 🙂 Die Natur hier ist so wunderschön! Alles ist saftig grün und der Boden ist über und über mit Moos bedeckt. Ich komme mir vor wie in einem verwunschenen Märchenwald und kann ein wenig besser nachvollziehen, dass die Menschen im Tillenberg etwas mytsiches sehen und so viele Sagen um den Berg in der Grenzregion existieren.
Auf unserem Weg überschreiten wir erneut die Grenze nach Deutschland, teilweise wandern wir sogar auf einem schmalen Pfad der genau zwischen den beiden Ländern liegt. Spannend!
Das letzte Highlight für heute ist der Mittelpunkt Europas!
Funfact: Da es verschiedene Verfahren zur Berechnung des Mittelpunktes gibt, betrachten sich auch mehrere Ortschaften als den geographischen Mittelpunkt Europas.
Zurück am Grenzlandturm freue ich mich auf einen leckern Kaffee im dortigen Café. Das war eine spannende Wanderung zurück in eine andere Zeit.
Der Rinnlstein-Rundweg
War es gestern eher sportlich, wird es heute auf dem Rinnlstein Rundweg eher gemütlich. Der 9,5 km lange Rundweg ist wirklich für Jeden etwas und kann bei Bedarf in zwei kurze Runden aufgeteilt werden.
Über Forststraßen und idyllische Waldpfade kann der Wanderer zwölf teilweise unscheinbare Orte entdecken. An jeder Station befinden sich erklärende Infotafeln.
Die Beschreibung des Weges verspricht eine kleine Zeitreise rund um die Felsformation des Rinnfelsens in den Neualbenreuther Wäldern.
Absolut verliebt habe ich mich in das kleine Naturfreundehaus direkt am Rinnlfels. Es liegt ungefähr auf der Hälfte der Strecke und verwöhnte uns mit deftigen Köstlichkeiten.
Alternativ lässt es sich auch wunderbar im Naturfreundehaus Wernersreuth einkehren. Praktisch, da es direkt am Ausgangspunkt und Parkplatz unserer Wanderung lag. (Öffnungszeiten beachten!)
Eine schöne Wanderung besonders für den An- oder Abreisetag.
Nurtschweg
Wer lieber mehrere Tage am Stück unterwegs sein möchte, für den ist der Nurtschweg sicherlich sehr interessant: 130 km führt er durch den Oberpfälzer Wald. Sprich auf bayrischer Seite entlang der tschechischen Grenze. Immer abseits größerer Städe durch die waldreiche Mittelgebirgsregion. Der Weg verspricht viel Grün, historische Bauten und tolle Aussichten.
Die Etappen sind zwischen 17 und 21 km lang und daher auch für Genusswanderer gut geeignet.
Goldsteig
Ebenfalls ein Weitwanderweg ist der Goldsteig. Mit 660 km gilt er als der längste und vielseitigste unter Deutschlands zertifizierten Qualitätswegen. Der Goldsteig führt durch fünf Naturparks, den Nationalpark Bayerischer Wald und den Nationalpark Šumava.
38 Etappen und zwei Varianten erwarten den Wanderer. Infos zu den Varianten, einzelnen Etappen sowie einen Routenplaner findet ihr auf der Homepage des Goldsteigs.
Mein Fazit, Infos und Tipps
Wer eine ruhige und nicht überlaufene Wanderregion mit viel Grün sucht, der ist rund um Bad Neualbenreuth im Oberpfälzer Wald richtig. Aufgrund des nicht so gutem Handynetzes solltet ihr sicherstellen, dass Eure Touren auch offline verfügbar sind. Ich erinnere an dieser Stelle gerne auch nochmal an meine Trillerpfeife, mit deren Hilfe ich mich in einer Notsituation evtl. auch ohne Handy bemerkbar machen könnte.
Ferner würde ich Euch zu langen Hosen während der Wanderung raten. Bei meinem Besuch im Juni entdeckten wir immer mal wieder Bärenklau, der bei direktem Kontakt mit der Haut schwere Verbrennungen oder Allergien hervorrufen kann.
Besonders gefallen hat mir, dass die Einwohner der Region offen und herzlich waren sowie mit Herzblut über ihre Heimat berichteten. Hat man sich einmal an den Dialekt gewöhnt , steht einem langen gemütlichen Abend mit vielen Geschichten, leckerem Essen und einem kühlen Zoigl nichts mehr im Wege.
Rundwanderung Tillenberg – https://www.komoot.de/tour/205910638
Rinnlstein-Rundweg – https://www.komoot.de/tour/205910638
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Zu diesem Wanderwochenende wurde ich durch die Gemeinde Bad Albenreuth eingeladen. Die dargestellte Meinung ist wie immer meine Eigene.
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